Freitag, 11. September 2015

Serie "19 Pflegediagnosen": SCHMERZ





Heute will ich mich also mal genauer mit dem Thema "Schmerz" als Pflegediagnose befassen.
So eine Pflegediagnose ist ja immer recht allgemein formuliert und wird erst durch das "bedingt durch"(b/d) und das "angezeigt durch" (a/d) spezifisch für den Fall angepasst. Als ersten Schritt, möchte ich für diese beiden Spezifizierungen ein paar Beispiele nennen, die einem im Examen häufiger begegnen können. Die Ursachen für den Schmerz (Spalte "bedingt durch") sind in der Fallbearbeitung meist eindeutig herauszulesen (anders als im wahren Leben). Allerdings ist "angezeigt durch" oft der Teil, wo man nicht so richtig weiß, was man schreiben soll. Im Notfall flüchtet man sich zu "Äußerungen des Patienten". Leider ist das nicht wirklich beliebt bei den Korrektoren... was also tun? Ein paar Ideen folgen...

Pflegediagnose "Schmerz"

b/d: z.B. Infekte, Brüche, Kopfschmerzen, Gallen-/ Nierensteine, Verletzungen, Wunden, Rheuma/ Arthritis/ arthrotische Veränderungen, chronisch entzündliche Darmkrankheiten
a/d: "Äußerungen des Patienten" (irgendwie gehört es ja schon hierher), Verzerren des Gesichtes, Berühren von schmerzen Stellen oder Schonhaltung/ flache Atmung als Zeichen von Schonatmung, Tachykardie, Hypertonie, Blässe, Kaltschweißigkeit, Bewegungsarmut, allgemein zurückgehende Aktiviät, Appetitlosigkeit, sozialer Rückzug, Launenhaftigkeit

Hier habe ich jetzt mal eine Auswahl von Auffälligkeiten aufgeführt, die bei Schmerz vorkommen könnten. Manches davon steht vielleicht im Fallbeispiel, manches kann man als Vermutung dazu schreiben. Steht beispielsweise im Fallbeispiel nur, dass der Patient über Bauchschmerzen klagt, kann man bei a/d die berühmten "Äußerungen des Patienten" aufführen und zusätzlich schreiben "eventuell hält er sich den Bauch".
Aber redet besser vorher mit euren Lehrern darüber, ob sie diese Vorgehensweise auch zulässig finden, nicht dass ihr nachher wegen meiner Vorschläge Punktabzug bekommt!

Und wie kann es nun konkret in der Analyse eines Falles aussehen, in dem Schmerz vorkommt?
Ich zeig mal, wie ich im Fallbeispiel vorgehe. Wenn ihr eure Analyse nach der NANDA sortiert, wäre Schmerz im Bereich 12: Wohlbefinden am ehesten einzuordnen.

 Merkmale

Dies ist die Spalte, in der am besten wörtlich zitiert wird. Steht im Text "Sarah hält sich den Bauch und wimmert", kann man das in diese Spalte so oder sehr ähnlich hineinbringen. Wichtig ist, hier noch keine Hypothesen einzubringen, also nicht zu schreiben "Sarah hat Schmerzen". Dafür ist die nächste Spalte da.
weitere Beispiele:
1)"Hr. U klagt über Schmerzen." (da braucht man dann auch keine Hypothesen mehr)
2)"Frau O. atmet flach."
3)"Hr. B nimmt immer wieder eine gekrümmte Haltung ein."
4)"Frau A. verzieht das Gesicht, wenn sie läuft, äußert aber nichts dazu."

Bedeutung/ pflegerelevante Fragen/ Ressourcen/ Hypothesen

Hier schreibe ich rein, was mir so alles zu diesem Merkmal einfällt. Wichtig ist, das wirklich hinzuschreiben und nicht zu erwarten, dass der Lehrer das schon hineininterpretiert, dass ihr das wusstet. Das kann ordentlich Punkte kosten (ich spreche hier aus Erfahrung...)
Wenn ihr also wisst, dass eine Schonatmung zu einer Pneumonie führen kann wegen der Atelektasenbildung dann schreibt es auf jeden Fall hin! Wenn ihr nur irgendwie die Pneumoniegefahr drinne habt, ist der Patient zwar nicht gefährdet, aber dem Lehrer ist auch nicht klar, wie viel ihr nun tatsächlich zu dem Thema wusstet.
Bei Sarah's Beispiel (die anderen Beispiele führe ich hier nach Nummer auf) würde das heißen ich schreibe:

Hypothese: Sarah hat Bauchschmerzen
1) -
2) Frau O. atmet flacher wegen Schmerzen im OP-Gebiet (z.B. bei Bauch-Wunde)
3) Hr. B. hat Rückenschmerzen (oder was auch immer zum Fallbeispiel passt)
4) Frau A. hat Schmerzen im Gelenk, möchte diese aber nicht zeigen.

pflegerelevante Fragen: Macht sie das öfter? Anzeichen für etwas bestimmtes? (also mal angenommen, es geht um ein Kind und im Fallbeispiel kommen Eltern vor, die diese Frage beantworten könnten)
1) woher kommen die Schmerzen? Wie lange bestehen sie schon? Wie ist der gewohnte Umgang mit Schmerzen?
2) -
3) Tritt das neu auf, oder ist das schon "gewohnt"? Verschafft das Linderung? Falls Gewohnheit: schon "Folgeschäden" (Bsp. Kopfschmerzen wegen versteifter Haltung des Nackens)
4) warum äußert sie ihre Schmerzen nicht? Was ist ihre Interpretation von Schmerz - ist es unschicklich, so etwas auszudrücken?

Ressourcen: Eltern kennen Sarah und wissen, was ihr in diesen Situation am ehesten hilft.
1) Kann Schmerzen benennen und damit um Hilfe bitten
2) puuuh. Je nach Fallbeispiel. Vielleicht die Tochter, die nach ihr schaut. (!?)
3) Auch hier eventuell auf Angehörige im Fallbeispiel verweisen.
4) Vielleicht die Bettnachbarin, die offener mit ihren Schmerzen umgeht, dafür aber besser eingestellt ist (quasi als positives Beispiel)
 Ihr seht, Ressourcen sind nicht gerade meine Stärke. Oft bin ich versucht, Dinge da hineinzuschreiben, die eigentlich Maßnahmen sind. Andererseits fällt es mir schwer, Ressourcen zu erkennen.

Bedeutung: Sarah geht es jetzt nicht gut, sie braucht Linderung. Hat sie Schmerzen, kann dies den Krankenhausaufenthalt für sie emotional noch schlimmer machen.
1) Bedeutet, dass der Patient jetzt solange in einer äußert unangenehmen Lage ist, bis die Schmerzen nachlassen. Ich habe also direkt die Möglichkeit auf sein Wohlbefinden Einfluss zu nehmen, indem ich ihm zügig physikalische Maßnahmen oder Bedarfsmedikation anbiete, eventuell den Arzt verständige.
2) Schonatmung führt zu einer Mangelbelüftung von Teilen der Lunge, dort kann es zu Atelektasen kommen, die einen idealen Nährboden für eine Infektion darstellen --> Pneumoniegefahr!!
Außerdem ist der Patientin dieser Umstand möglicherweise nichtmal bewusst, oder sie hat sich an diese Form der Atmung gewöhnt, obwohl die Schmerzen nur noch kaum vorhanden sind. Das Wiederherstellen einer physiologischen Atmung, u.A. durch optimale Schmerzeinstellung, hat also auch direkten Einfluss auf die Länge ihres Krankenhausaufenthalts.
4) Schmerz, der nicht geäußert wird, wird oft nicht behandelt. Es kann zur Ausprägung eines Schmerzgedächtnisses kommen. Außerdem ist die Lebensqualität der Patientin durch dauerhaften, latenten aber unterdrücktem Schmerz stark eingeschränkt und kann direkten EInfluss auf ihr tägliches Leben und ihre sozialen Kontakte haben. Die Patientin zu einem anderen Schmerzverhalten zu ermuntern kann also möglicherweise bedeuten, ihr zu einem als angenehmer empfundenem Leben zu verhelfen.

Soweit also mal die Analyse. Nun möchte ich noch auf die Aufgaben bzw. das Handlungskonzept eingehen, das heißt ich versuche jetzt mal einen "Standart-Mittelweg" zu finden, den ich dann im Examen mit Verfeinerungen auf das Fallbeispiel anwenden kann. Dazu unterteile ich nach Tag 1 und Tag 2:

Tag 1 (Erfassung)

Aufgabe: Erfassen des aktuellen Schmerzes und seiner Auswirkungen, der Herkunft, von Schmerzgewohnheiten und Hilfreichem

Erfassungskonzept:
- Abfragen der PQRST-Skala 1x/ Schicht:
P- Provokation (Auslöser) und Palliation (Linderung)
Q- Qualität (Art: ziehend, stechend, drückend, dumpf, kolikartig)
R- Radiation (Ausstrahlung in andere Körpergebiete oder auch: welche andere Lebensgebeite werden davon beeinflusst?)
S- Skala (Schmerzintensität in 0-10, 10 ist das allerschlimmste)
T-Timing (wann tritt es auf?)

-Zusätzliches Abfragen der 0-10 Skala 1x/ Schicht bis stündlich (je nach Situation). IMMER bei Schmerzäußerungen, vor und nach Mobilisation oder anderen Anwendungen
- allgemeinen Umgang mit Schmerz herausfinden/ Erfahrungen mit Schmerzäußerungen im Gespräch herausfinden (in Fällen wie Nr 4) Ist Schmerz etwas bedrohliches, etwas peinliches oder eher etwas, was einem Aufmerksamkeit verschafft (okay, hier muss man sehr vorsichtig sein mit Unterstellungen!)
- Erfragen von Hilfreichem, bei Patienten mit Rheuma beispielsweise ob eher Wärme oder Kälte hilfreich ist. Ebenso: Lieber Ruhe oder Ablenkeung? Wie schnell wollen Medis genommen werden? Erst wenn es gar nicht  mehr geht oder gleich zum Abfangen? Ist Familienanwesenheit bei Schmerzen eher angenehm und förderlich oder sollte Besuch eher "abgeblockt" werden?

Das ist ein Erfassungskonzept? Naja, geht so. Ich weiß, da geht noch was. Und ihr? Was sagt ihr dazu? Was fehlt euch? Was muss für euch IMMER IMMER am Tag 1 rein bei Schmerz?
Den Tag 2 gibts später, also am Samstag.
Also, lernt schön bis dahin und vergesst nicht zu kommentieren!






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